Paediatricum Nord
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Geschichte und Grundlagen der Tiergestützten Therapie
Der erste Wissenschaftler, der den Einsatz von Therapie-Begleithunden in der Psychotherapie in den Rahmen öffentlicher Diskussionen trug, war Boris M. Levinson. Er hatte in den Jahren 1953 bis 1961 in Sitzungen mit Kindern Hunde eingesetzt und die Erfolge dokumentiert, um sie im Rahmen eines Kongresses zu veröffentlichen. Der Beginn dieser Entwicklung lag in der zufälligen Entdeckung der Wirksamkeit seines eigenen Hundes auf ein Kind, zu dem er zuvor nur schwer Zugang gefunden hatte. Von da an verlief die wissenschaftliche Fundierung der tiergestützten Pädagogik und Therapie nur langsam und hat sich zum Teil erst in den letzten Jahren entwickelt. Der Ausdruck „tiergestützt“ ist der Versuch, den ursprünglich englischen Begriff „pet facilitated“ zu übersetzen. Die wissenschaftliche Erforschung des helfenden und heilenden Einsatzes von Tieren begann in den Vereinigten Staaten und folgte der praktischen Anwendung, deren Erfolg die Wissenschaft in Erstaunen versetzte und in verschiedenen Disziplinen Forschungsinitiativen in Gang brachte. Während in den USA, in Australien, Kanada und England Tiere als therapeutische Begleiter bereits seit mehr als 20 Jahren u. a. in Altenheimen und auf Klinikstationen aktiv sind, bestehen in den deutschsprachigen Ländern etwa seit 15 Jahren Tierbesuchsdienste. Die Wirkung von Hunden auf den menschlichen Körper: Hunde haben eine angenehme Wirkung auf den Körper, außerdem sorgen sie für Unterhaltung und Abwechslung und lenken von Wut, Zorn, Ärger und Trauer ab. 1. Sinne Sinneswahrnehmungen haben eine große Bedeutung für unser Leben, unser Wohlbefinden und unsere gesamte Persönlichkeit. [...] Sinneswahrnehmungen beeinflussen daher nicht nur unseren Körper und Geist, sondern auch unser Gefühlsleben. Nach den optischen sind die taktilen und olfaktorischen Reize von Tieren auch sehr bedeutsam, da sie vor allem auch schon auf Kleinkinder wirken und so ihr Erfahrungsspektrum erweitern können. Der Kontakt mit Tieren stellt eine Möglichkeit dar, die Sinne der Kinder anzuregen. Die meisten Kinder suchen Körperkontakt zu Hunden und genießen diesen taktilen Reiz auch. Das Berühren und Streicheln eines weichen und warmen Hundefells ist für viele Kinder angenehm. Aber es gibt auch Menschen, die eine taktile Überempfindlichkeit haben. Taktile Abwehr ist eine Tendenz, negativ und gefühlsbetont auf Berührungsempfindungen zu reagieren. Diese Reaktion tritt nur unter bestimmten Bedingungen auf. In diesem Fall muss man gut überlegen, wie man mit dem Hund eine Besserung dieses Problems herbeiführen kann. Z.B.: durch die Berührung über ein anderes Medium wie eine Bürste oder einen Handschuh. Auch der Hörsinn spielt beim Kontakt mit Hunden eine wesentliche Rolle. Hunde geben verschiedene Laute von sich und machen so auf ihre Bedürfnisse aufmerksam. Kinder können so lernen, ruhig zu werden und sich auf diese Geräusche zu konzentrieren. 2. Motorik Der Umgang mit Hunden regt Kinder zur physischen Aktivität an, wobei nicht nur der direkte Kontakt mit dem Hund, sondern zum Beispiel auch die Pflege sehr viel motorisches Geschick erfordert. Die Feinmotorik wird im Umgang mit Hunden durch das vorsichtige Streicheln, das Bürsten oder das Füttern besonders geschult. 3. Kommunikation/Sprache Die Kommunikation ist ein wichtiger Aspekt bei der Begegnung zwischen Kindern und Hunden. Hunde sind sprachlich anregend und so wird auch der Wortschatz erweitert. Durch die Kommunikation mit Erwachsenen nimmt auch das Wissen über Hunde zu. Kommunikation mit dem Tier ist ebenfalls eine wichtige Komponente: Neben den Aufforderungen und Befehlen, die zur Erziehung und zum Umgang mit Tieren gehören, wird immer viel mit dem Tier geredet, auch wenn es um die alltäglichen Verrichtungen beim Füttern und Säubern geht. Die Tiere werden gefragt, wie es ihnen geht, ob es ihnen schmeckt, es wird ihnen erklärt, was gerade getan wird, ganz so, als würden die Kinder mit anderen Kindern reden. (...) Aber es kommt noch etwas dazu: Den Tieren werden Erlebnisse berichtet, Sorgen und Nöte mitgeteilt. Kinder haben das Gefühl, von den Tieren nicht bewertet zu werden. Die Tiere hören ihnen uneingeschränkt zu und geben ihnen das Gefühl, verstanden zu werden, Beistand zu haben. Alleine das Formulieren ihrer Gefühle, das Erzählen ihrer Geschichten hilft den Kindern oftmals schon über emotionale Spannungen hinweg. 4. Kognitive Fähigkeiten Kinder lernen im Kontakt mit Hunden den artgerechten Umgang, die Verhaltensweisen, Fähigkeiten, Eigenheiten des Hundes und die spezifischen Bedürfnisse kennen. Kinder lernen sozusagen nebenbei, verbunden mit sinnvollem TUN. Kinder, die mehr über Tiere wissen, sich also wirklich mit deren Bedürfnissen und auch Fähigkeiten auseinandersetzen, sind eher geneigt, Tiere allgemein zu schützen. Was Kinder von Hunden lernen können: Hunde stellen keine Bedingungen Hunde fördern die nonverbale Kommunikation Hunde geben Selbstvertrauen Hunde erziehen zur Ausdauer Im Folgenden möchte ich paar Ideen anführen, die man in der Frühförderung mit dem Therapiehund umsetzen kann. Motorik Spazieren gehen Turnen mit dem Hund: drüber steigen, unten durch kriechen, rundherum gehen Verschiedene Körperhaltung des Hundes nachahmen Bürsten Halstuch umbinden Halsband auf- und zumachen Leine anhängen (Karabiner öffnen und schließen) Futter aus einer Schüssel löffeln und dem Hund geben Futterringe auffädeln Balancieren wie der Hund auf einem umgefallenen Baumstamm ... Wahrnehmung Hund beobachten Spielmaterial mit allen Sinnen wahrnehmen Genau hören, welche Geräusche der Hund macht: atmen, hecheln,... Taktile Erfahrungen am Hund: wie fühlt sich das Fell, die Nase, der Bauch, die Ohren,... an? Blind ertasten: wo ist das Ohr? Wo sind die Pfoten, das Halsband, o.ä.? Haarspange im Fell des Hundes mit geschlossenen Augen suchen Sackinhalt ertasten: Hundespielzeug, Hundekekse oder Gegenstände zur Hundepflege Lagerungshilfe bei schwerstbehinderten Kindern Massage mit dem (Igel)ball am Hund und am Kind Gegenstände aus dem Hundealltag merken Kognitive Entwicklung Merkfähigkeit schulen Memory mit Hundefotos bzw. Spielsachen vom Hund Leckerlis sortieren Formen, Farben benennen Hundebild beschreiben und etwas dazu erzählen lassen Hundepuzzle Hunderätsel (wahr oder falsch) ... 5. Kommunikation Wortschatzerweiterung durch neue Begriffe Bilderbücher Fotoalbum von Kind und Hund Reime Sprüche, Fingerspiele Geschichten ...
tiergestützte  Therapie